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Scritti di Carl Schmitt: CS1 - 2 - 3 - 4 -
Letteratura Tedesca - Indice Analitico it
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-Vorwort - |
Nelle Conversazioni con Klaus Figge e Dieter Groh, svoltesi come Intervista radiofonica nel 1971, e nel 2010 trascritte da Frank Herweck e Dimitrios Kisoudis, presso Duncker und Humblot, e quindi apparse in italiano, presso Quodlibet, con il titolo di Imperium, l’elemento centrale verte sul ruolo personalmente svolto da Schmitt come uno degli avvocati del processo, ma anche e soprattutto sull’importanza che il processo ha avuto nella storia costituzionale tedesca. L’attenzione su questo processo era stata a me, giovane studioso e traduttore, direttamente richiamata da Carl Schmitt nel 1980, mentre eseguivo la traduzione italiana del Custode della costituzione. A distanza di tempo, esistendo oggi internet, ritorna quanto mai opportuna e proficua la pubblicazione del resoconto stenografico di quel processo. Il testo del 1932 è stato ripubblicato da Auvermann nel 1976 con autorizzazione dell’editore Dietz del 1933 ed è oggi libero da Copyrigt. Il testo è qui dai riprodotto tramite acquisizione scanner e le illustrazioni, necessarie per non appesantire la lettura online, sono liberamente tratte da Internet. Il testo originale non contiene nessuna illustrazione ed eventuali links sono chiaramente da noi aggiunti ed interpolati. Le voci del testo, che hanno bisogno di una spiegazione di di un commento, sono inserite nel Dizionario, mentre il testo in formato immagine viene pubblicato nella sezione facebook di questi Carl Schmitt Studien. Per ogni incertezza sulla ortografia della acquisizione scanner si può controllare e verificare l'immagine fotografica della pagina.
Zum Geleit
Das vorliegende Buch verdankt sein Entstehen dem äußeren Umstande, daß der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands den Stenographen Herrn Hans Prengel (Berlin) zur wörtlichen Aufnahme der Verhandlungen über das Streitverfahren zwischen Preußen und dem Reich vor dem
Staatsgerichtshof nach Leipzig entsandte.
Ursprünglich war beabsichtigt, das Protokoll nur archivarischen Zwecken dienstbar zu machen. Bei dem großen Interesse, das dieser Prozeß in der Öffentlichkeit gefunden hat, durfte jedoch angenommen werden, daß besonders Politiker, Staatsmänner und Juristen die Verhandlungen nicht nur in den kurzen Zeitungsberichten verfolgen, sondern im Wortlaut nachlesen wollen.
So übernahm der unterzeichnete Verlag die Herausgabe des Verhandlungsberichts in Buchform.
Die Vertreter sämtlicher Prozeßparteien wurden gebeten, ihre Reden im Manuskript nachzusehen. Zugelassen waren, wie üblich, nur stilistische Korrekturen, keine sachlichen Änderungen. Kurze Repliken und Dupliken wurden, als in der Sache unerheblich, nicht besonders zur Durchsicht vorgelegt. Von diesem Angebot machte der größte Teil der Prozeßteilnehmer Gebrauch.
Herr Ministerialdirektor Dr. Brecht hatte die Freundlichkeit, das Vorwort zu verfassen. Wir sind ihm und allen Herren, die an dem Zustandekommen des Buches mitgewirkt haben, zu verbindlichstem Dank verpflichtet. Wir hoffen, allen politisch und juristisch interessierten Personen ein wertvolles Quellenmaterial zu übermitteln.
Berlin, im Dezember 1932.
VERLAG J. H. W. DIETZ NACHF.
* Dem im Schlußabsatz dei Vorwort von Herrn Ministerialdirektor Dr. Brecht ausgesprochenen Wunsch, den Titel des Buches zu ändern, konnte der Verlag aus technischen Gründen nicht mehr entsprechen.
VORWORT
Am 20. Juli 1932 bestellte auf Antrag der Reichsregierung, unter Gegenzeichnung des Reichskanzlers
von Papen, Reichspräsident
von Hindenburg den Reichskanzler zum Reichskommissar für den Land Preußen. Reichskanzler von Papen entfernte auf Grund der ihm erteilten Ermächtigung alle preußischen Minister (zunächst den Ministerpräsidenten Dr.
Otto Braun und den Minister des Innern Dr.
Severing, sodann den Minister für Volkswohlfahrt und Vertreter des Ministerpräsidenten Dr.
Hirtsiefer, den Minister für Landwirtschaft, Domänen und Forsten Dr.
Steiger, den Minister für Handel und Gewerbe Dr.
Schreiber, den Justizminister Dr.
Schmidt, den Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung
Grimme und den Finanzminister
Klepper) aus ihren Ämtern und übernahm selbst zusammen mit dem bisherigen Essener Oberbürgermeister Dr.
Bracht und anderen Kommissaren sämtliche Geschäfte der Preußischen Staasregierung. Damit begann der größte Verfassungsstreit, den es in Deutschland seit der Gründung des Reiches, ja darüber hinaus, je gegeben hat.
Die Reichsregierung erklärte zur Begründung ihrer Maßnahmen in einer Pressedarstellung und in einer Rundfunkrede des Reichskanzlers, die im Anhang dieses Buches wiedergegeben werden, daß die Zustände in Preußen ihren Schritt notwendig gemacht hätten. Sie stützte ihr Vorgehen rechtlich auf den Artikel 48 der Reichsverfassung, und zwar nicht nur auf dessen zweiten Absatz (Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung), sondern ausdrücklich auch auf den ersten Absatz (Pflichtverletzung eines Landes). Es handelte sich also nicht nur um sogenannte “Diktaturmaßnahmen zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung” (Art. 48 Abs. 2), sondern zugleich um eine “Reichsexekution gegen ein Land" (Art. 48 Abs. I), um eine Reichsexekution gegen Preußen.
Die preußischen Minister hielten die getroffenen Maßnahmen für rechtlich unzulässig. Sie waren der Ansicht, daß die Vorwürfe gegen das Land Preußen tatsächlich unbegründet seien und daß schon aus diesem Grunde eine Reichssexekution gegen Preußen nicht in Frage komme. Aber auch unabhängig davon war nach ihrer Ansicht das eingeschlagene Verfahren und der Umfang der Maßnahmen mit der Reichsverfassung nicht zu vereinen. Obwohl sie namentlich bei dem Herrn Reichspräsidenten den grundsätzlichen Willen, die Verfassung zu achten, nicht in Zweifel zogen, sahen die preußischen Minister in dem Vorsehen der Reichsregierung nicht nur eine politische Kampfmaßnahme von außerordentlicher Schärfe, sondern auch eine objektive Verletzung der Grundlagen der Reichsverfassung, gegen die sie das Land Preußen und die Reichsverfassung zu verteidigen verpflichtet waren. Sie riefen den Staatsgerichtshof an. Die Landtagsfraktionen des Zentrums und der Sozialdemokraten folgten ihrem Beispiel. Auch Bayern und Baden wandten sich an der Staatsgerichtshof, um die Unzulässigkeit derartiger Maßanahmen grundsäztlich festzustellen.
Auf Grund mündlicher Verhandlungen vom 10. bis zum 14. und vom 17. Oktober verkündete der Staatsgerichtshof am 25. Oktober 1932 die im Anhang dieses Buches abgedruckte Entscheidung. Die Entscheidung erklärt die Verordnung mit der Verfassung teilweise für vereinbar, teilweise für unvereinbar. In den Punkten, die Preußen als die wichtigsten bezeichnet hatte, gibt die Entscheidung Preußen recht. Denn die Entscheidungsgründe stellen fest, daß Art. 48 Abs. I der Reichsverfassung nicht anwendbar, daß also eine Reichsexekution gegen Preuße nun zulässig war. Hierfür stützen sie sich nicht auf formale Gründe, die im Prozeß ausgiebig erörtert waren, etwa auf die Tatsache, daß dem Vorgehen der Reichsregierung keine Mitteilung, kein Ultimatum oder dergl. vorangegangen sei, oder daß keine Gefahr im Verzuge vorgelegen habe, sondern sie stellen ausdrücklich fest, daß sämtliche Vorwürfe der Reichsregierung, wonach das Land Preußen Pflichten im Sinne des Art. 48 Abs. I verletzt haben sollte, nicht begründet seien. Es lag also keine Nichterfüllung der Pflichten des Landes vor, und es fehlte damit schon die materielle Voraussetzung für eine Reichsexekution. Bei der Erörterung über den Art. 48 Abs. 2 gibt die Entscheidung dem klagenden Preußen ferner darin recht, daß eine Amtsenthebung der preußischen Staatsminister unzulässig war. Die Entscheidungsgründe stellen dabei fest, daß eine Amtsenthebung, und zwar eine endgültige Amtsenthebung, von der Reichsregierung beabsichtigt gewesen sei, daß aber weder eine endgültige noch eine vorübergehende Amtsenthebung zulässig war. Weiter erklären die Entscheidungsgründe die Verdrängung der preußischen Staatsminister aus dem Reichsrat für unzulässig. Die Staatsminister allein haben stellvertretende Bevollmächtigte zu ernennen und zu instruieren; der Reichskommissar durfte stellvertretende Bevollmächtigte nicht abberufen. Auch die Rechte und Pflichten gegenüber dem Landtag und Staatsrat, ferner die Befugnisse gegenüber dem Reichstag, sowie die Vertretung des Landes Preußen gegenüber dem Reiche und gegenüber anderen Ländern durften den Staatsministern nicht genommen werden. Schließlich tritt der Staatsgerichtshof der von Preußen und den anderen Klägern vertretenen Rechtsauffassung bei, daß ein auf Grund des Art. 48 Abs. 2 eingesetzter Reichskommissar niemals Landesregierung werden und auch nicht an die Stelle der Landesregierung treten kann. Landesregierung ist und bleibt das Staatsministerium und nur dieses. Der Reichspräsident kann auf Grund des Art. 48 Abs. 2 in den angeführten Grenzen Befugnisse nur vorübergehend von dem Lande abtrennen und vorübergehend auf einen Reichskommissar als Reichsorgan übertragen.
Trotzdem läßt der Staatsgerichtshof dem Reich eine große, eine fast überwältigende Machtfülle. Er spricht dem Reichspräsidenten das Recht zu, bei so erheblicher Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, wie sie um den 10. Juli (“in jenem Zeitpunkt”) vorgelegen habe, zur Zusammenfassung der politischen Macht, wenn er dies zur Wiederherstellung der Ordnung und Sicherheit für notwendig hält, der Landesregierung alle Befugnisse, die überhaupt vom Lande abgetrennt werden können, fortzunehmen und sie auf einen Reichskommissar zu übertragen - allerdings nur vorübergehend. Er spricht dem Reichspräsidenten dieses Recht auch für den Fall zu, daß das Reich selbst Schuld an der eingetretenen Störung trug. Preußen hatte nicht bestritten, daß der Reichspräsident auf Grund des Art. 48 Abs. 1 sehr weitgehende Maßnahmen ergreifen, beispielsweise die gesamte vollziehende Gewalt auf einen Reichskommissar vorübergehend übertragen könne. Es hatte aber außer den oben schon erwähnten, vom Staatsgerichtshof anerkannten absoluten Grenzen noch eine weitere wichtige Grenze darin gesehen, daß eine Versetzung von Landesbeamten in den einstweiligen Ruhestand - über die bloße Beurlaubung hinausgehend - und die endgültige (nicht nur kommissarische) Neuernennung von Landesbeamten durch Reichskommissare unzulässig sei. Der Staatsgerichtshof erklärt jedoch, daß solche Maßnahmen durch die Verfassung nicht ausgeschlossen seien. Ferner hatte Preußen vorgebracht, daß der Reichskommissar, ebenso wie der Reichspräsident selbst, nur Maßnahmen treffen könne, die im einzelnen Falle dem Zwecke der Wiederherstellung der Ordnung und Sicherheit dienen. Der Staatsgerichtshof vertritt aber - entgegen der wohl bisher herrschenden Ansicht - anscheinend den Standpunkt, daß, wenn die übertragung von Befugnissen an den Reichskommissar einmal ordnungsmäßig diesen vorgeschriebenen Zweck gehabt habe, der Reichskommissar bei der Ausübung der Befugnisse im einzelnen nicht an diese Grenze gebunden sei. Schließlich hält der Staatsgerichtshof die Hinweise Preußens darauf, daß bereits für den Erlaß der Verordnung andere Zwecke von vornherein entscheidend mitbestimmend gewesen seien, nicht für ausreichend, um daraus die Ungültigkeit der Maßnahmen in den angegebenen Grenzen zu folgern.
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Regierung von Papen. Fonte. |
Der Staatsgerichtshof sagt nicht, daß der Reichspräsident diese große Machtfülle voll anwenden
müsse, aber er sagt, daß sie ihm nach der Verfassung unter Umständen, wie sie im Juli 1931 vorgelegen hätten,
zustehe und überläßt es den Beteiligten, auf dieser Rechtsgrundlage politisch sich zu verständigen, oder, wie man in Deutschland beuichnend sagt, sich "“auseinanderzusetzen”. Immer wieder betont er jedoch, daß es sich nur um
vorübergehende Maßnahmen handeln dürfe.
Es kann nicht die Aufgabe dieses Vorwortes sein, die Entscheidung im einzelnen zu besprechen, auch nicht, den Sachverhalt und die Rechtslage näher zu erläutern. Das könnte selbst ein Unbeteiligter nicht tun, ohne in diesem oder jenem Punkte Partei zu nehmen. Noch weniger würde ein Prozeßbeteiligter als Unparteiischer anerkannt werden. Es genügt, auf die Darstellung durch die Vertreter der verschiedenen Parteien hinzuweisen. Das ist der beste und unparteiischste Weg. Nur einige allgemeine Bemerkungen über die Bedeutung der mündlichen Verhandlung und der Entscheidung mögen hier zur Einführung dienen.
Die Tatsache, daß die Deutsche Reichsverfassung in einem Falle wie diesem die Anrufung des Staatsgerichtshofs zuläßt, hat am 10. Juli 1931 Deutschland vor dem Bürgerkrieg bewahrt. Die Tatsache, daß der Staatsgerichtshof eine zwar von beiden Seiten scharf kritisierte, aber offensichtlich auf dem ehrlichen Willen richtiger Rechtsfindung beruhende Entscheidung gefällt hat, wird für die weitere Entwidtlung des deutschen Verfassungslebens entscheidende Bedeutung behalten. Wäre der Staatsgerichtshof überhaupt niche zu einem Spruche gekommen oder hätte dieser Spruch der rechtsuchenc!en Partei jeden Rechtsschutz versagt, so würde künftig in einer ähnlichen Lage eine gewaltsame Auseinandersetzung schwerlich zu verhindern sein. Schon dies läßt die außerordentliche Bedeutung der sechstägigen Verhandlungen vor dem Staatsgerichtshof erkennen.
Darüber hinaus liegt die historische und politische Bedeutung der Verhandlungen darin, daß sie einen aufschlußreichen Querschnitt durch einen spannungsvollen Zeitraum der deutschen Nachkriegsgeschichte bieten, einen Zeitraum, in dem sich in noch unentschiedenem Ringen verschiedene Entwichlungslinien treffen. Der Kampf um die demokratischen und rechtsstaatlichen Grundlagen der Weimarer Verfassung begegnet sich mit grundsätzlichen Auseinandersetzungen über Parteienstaat und autoritäre Staatsführung. Das Ringen um die positive Teilnahme des ganzen Volkes an der Staatspolitik kreuzt sich einerseits mit Bestrebungen auf Ausschaltung des “Marxismus” und der Sozialdemokratischen Partei, andererseits mit dem Streit um Wesen und Bedeutung der nationalsozialistischen Bewegung. Die Auseinandersetzung über Legalität und Illegalität, über Rechtsstaat und Machtstaat trifft nicht nur auf verschiedene Ansichten über das geltende Recht und über die Methoden seiner Auslegung, sondern auch auf eine grundsätzliche Kritik des gerichtlichen Rechtsschutzes in politischen Fragen überhaupt. Im Hintergrunde steht das große Problem der Reichsreform, der Wunsch nach einer Beseitigung des Dualismus zwischen Reich und Preußen. Nicht die Notwendigkeit der Reichsreform ist es, worin sich hier die Meinungen scheiden - diese Notwendigkeit wird durch den ganzen Rechtsstreit deutlich unterstrichen -, wohl aber der Weg zu ihrer gedeihlichen Vollendung.
In diesem vielseitigen Rahmen stehen endlich die eigentlichen Rechtsausführungen über die Bedeutung der Vorschriften des Art. 48 der Reichsverfassung mit ihren rechtshistorischen und rechtsvergleichenden Ausblicken. Sie gehen weit über die in der Entscheidung des Staatsgerichtshofs behandelten Probleme hinaus. Während beispielsweise der Staatsgerichtshof nur erörtert, ob das Land Preußen eine Pflicht verletzt hat, gehen die Verhandlungen ausführlich auch darauf ein, ob, wenn eine Pflichtverletzung in Betracht käme, vorherige Anhörung usw. erforderlich gewesen wäre, und welche Befugnisse Art. 48 Abs. 1 bei gegebenen Voraussetzungen gewährt. Gerade solche Eventualfragen werden besonders eingehend, zum Teil, wie bei der Gefahr im Verzuge, leidenschaftlich erörtert. So enthalten die Verhandlungen überaus reichen Stoff für die Staatsrechslehre.
Bei dieser zugleich historischen, politischen und staatsrechtlichen Bedeutung der Verhandlungen vor dem Staatsgerichtshof war es enwünscht, ihr genaues Bild der Mit- und Nachwelt zu überliefern.
Es schien nach Abschluß der Verhandlungen zunächst so, als ob ich dieser Wunsch nicht verwirklichen ließe. In Vorbesprechungen zwischen dem Vorsitzenden des Staatsgerichtshofs und den beiden Hauptparteien war erwogen worden, eine Anzahl Reichstagsstenografen von der Reichsregierung zu entsenden, die abwechselnd die Verhandlung aufnehmen sollten. Die Reichsregierung hatte aber von der Durchführung dieses Gedankens aus Sparsamkeitgründen abgesehen. Von den Stenotypistinnen des Reichsgerichts und einem einzelnen Stenografen, der von privater Seite, nämlich von dem Vorstand der Sozialdemokratischen Partei, entsandt worden war, konnte eine vollständige Niederschrift nicht erwartet werden. Nachträglich stellte sich aber heraus, daß dieser Stenograf, Herr Hans Prengel (Berlin), ganz allein die gesamte sechstägige Verhandlung im Wortlaut vollständig aufgenommen hatte und sie nach und nach so gut wie fehlerlos zu übertragen in der Lage war. Diese bewunderungwürdige Leistung hat wider Erwarten die in menschlichen Grenzen genaue Wiedergabe der Verhandlung ermöglicht.
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H. Hiertsiefer (1876-1941) |
Der Besitzer des Stenogramms, der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei, übergab die Arbeit dem Verlage J.H.W. Dietz Nachf. zur Herausgabe. Der Verlag forderte mich auf, die Ausgabe mit einem Vorwort einzuleiten. Nachdem ich mich von der Güte des Stenogramms überzeugt hatte, sagte ich meine Mitwirkung unter der Bedingung zu, daß das Stenogramm allen Rednern aller Parteien zur eigenen Durchsicht nach den dafür üblichen Grundsätzen vorher vorgelegt würde und daß trotz des großen Umfangs keine Kürzungen bei der Herausgabe vorgenommen würden, um die strenge Unparteilichkeit und Sachlichkeit der Herausgabe zu sichern. Der Verlag erklärte sich hierzu bereit.
Die Vertreter Preußens, der beiden preußischen Fraktionen, sowie die Vertreter Bayerns und Badens - also die Herren Professoren Anschütz, Giese, Peters, Heller und Nawiasky, die Herren Ministerialdirektoren Dr. Bach und Dr. Fecht, Herr Oberregierungsrat Walz und der Schreiber dieser Zeilen haben das Stenogramm ihrer Ausführungen selber durchgesehen. Die gleiche Arbeit hatte der bayerische Staatsrat von Lan für seine Ausführungen übernommen, konnte sie aber nur noch für den ersten Teil durchführen, da er infolge eines Unfalles aus dem Leben schied. Der Verlust dieses ausgezeichneten Mannes, der sich auf beiden Seiten und am Richtertisch die höchsten Sympathien erworben hatte, wird von allen Prozeßbeteiligten aufs lebhafteste beklagt. Sein ruhiger und besonnener Vortrag, sein Ernst und sein Humor werden uns allen unvergeßlich bleiben. Sein Gleichnis von dem Adler, der sich nicht in einen Löwen verwandeln könne (Seite 199). ist viel erörtert worden. Die Durchsicht seines Stenogramms wurde von dem bayerischen Regierungsrat und Privatdozenten Herrn Dr. Maunz, der an den Verhandlungen teilgenommen hat, beendet.
Herr Ministerialdirektor Gottheiner machte im Einverständnis mit seinem Minister Freiherr von Gayl von dem Angebot der Durchsicht keinen Gebrauch. Die Herren Universitätsprofessoren Schmitt, Bilfinger und Jacobi glaubten daraufhin, auch ihrerseits von der Durchsicht absehen zu müssen. Als der Verlag mir dies mitteilte, habe ich im wissenschaftlichen Interesse versucht, den Vertreter des Reichsministeriums des Innern zu einer anderen Stellungnahme zu veranlassen. Er blieb bei seinem Standpunkt, auch als ich ihm anbot, daß im Falle seiner Mitwirkung statt meiner der Vorsitzende des Staatsgerichtshofs oder mit mir zusammen ein Vertreter der Gegenseite gebeten werden solle, die Einleitung zu schreiben. Er wünschte namentlich die übertragung des Verlags auf einen Fachverlag, die ich nicht gewähren konnte, da mir das Manuskript nicht gehörte, und die der Verlag nicht gewähren konnte, da bereits große Unkosten entstanden waren. Mittel dafür wollte auch das Reichsministerium des Innern nicht zur Verfügung stellen. Die Gründe der Ablehnung liegen außerhalb der Sache selbst. Ein wesentlicher Nachteil ist dadurch nicht entstanden, weil das hervorragende Stenogramm die Ausführungen getreu wiedergibt und die Vertreter der Reichsregierung genügend klar gesprochen haben. Namentlich die Äußerungen von Herrn Gottheiner selbst, dessen Sprechweise besonders klar und grammatisch durchgebildet ist - was jeder Stenograf zu schätzen weiß -, würden bei der Durchsicht kaum einer stilistischen Klärung bedurft haben. Die Ausführungen der drei Herren Professoren wären vielleicht hier oder da durch Bereinigung von Einschachtelungen, wie sie in der mündlichen Sprache üblich sind, und durch Mittel der Interpunktion verdeutlicht worden. Sie sind aber auch ohne dies durchaus verständlich und lebendig.
Zur vollen und lüchenlosen Herausgabe des Prozeßstoffes würde außer dem Stenogramm der mündlichen Verhandlung und außer der Entscheidung des Staatsgerichtshofs noch der Abdruck der Schriftsätze gehören, die zwischen den Parteien vom 10. Juli 1931 bis Ende September 1931 gewechselt worden sind. Vielleicht bietet sich später die Möglichkeit, auch diese Stüche in dem wünschenswerten Umfang noch herauszugeben. Vorläufig muß es genügen, daß der erste Teil der im Anhang dieses Buches abgedruckten Entscheidungsgründe des Staatsgerichtshofs eine Darstellung des Schriftwechsels in klassischer übersicht und Kürze bietet und daß ein großer Teil des Inhalts in der mündlichen Verhandlung, wenn auch in anderer Form, wiederkehrt. Ergänzend sei hingewiesen auf die “Denkschrift über die Vorgänge vom 10. Juli 1931 und über die Verfassungsstreitigkeit des Freistaats Preußen gegen das Deutsche Reich”, die der preußische Ministerpräsident am 7. November 1931 dem Preußischen Staatsrat (Nr. 312 und 313 der Drucksachen) und dem Preußischen Landtag (Nr. 1203 der Drucksachen) vorgelegt hat.
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Zum sachlichen Verständnis der Verhandlungen ist es zweckmäßiß zunächst den ersten Teil der im Anhang abgedruckten Gründe der Entscheidung vom 25. Oktober 1932 zu lesen. Darin werden, wie bereits erwähnt, der Tatbestand und die verschiedenen Rechtsanschauungen im Zusammenhang dargestellt. Dort findet sich auch der Wortlaut der Anträge, namentlich der mit den Buchstaben A, B und C bezeichneten drei preußischen Anträge.
Zur Erleichterung werden im Anhang ferner der Wortlaut der Verordnung des Reichspräsidenten vom 20. Juli 1932, der Wortlaut des Art. 48 der Rechsverfassung und der entsprechenden Artikel 19 und 68 der alten Reichsverfassung sowie der Wortlaut der wichtigsten Urkunden wiedergegeben.
Zum Aufbau der mündlichen Verhandlungen wird folgendes bemerkt: Der Vorsitzende des Staatsgerichtshofs hatte ursprünglich die Absicht, die Verhandlung mit den prozessualen Fragen zu beginnen und dann zunächst die reinen Rechtsausführungen über die beiden Absätze des Art. 48 folgen zu lassen. Erst am Schlusse sollten die tatsächlichen Ausführungen, soweit es zur Ergänzung der Schriftsätze nötig war, folgen. Am vorletzten Tage vor Beginn der Verhandlungen teilte der Vorsitzende den Parteien mit, daß er seinen Plan geändert habe, weil nach der weiteren Entwicklung der Schriftsätze und insbesondere nach dem preußischen Antrag C, der eine ausdrückliche Zurückweisung der Feststellung von Pflichtverletzungen des Landes Preußen verlangte, ein breiteres Eingehen auf die tatsächlichen Verhältnisse unvermeidlich geworden sei. Unter diesen Umständen halte er es für richtig, die Auseinandersetzungen über den Tatbestand an die Spitze zu stellen, um zu vermeiden, daß sie bei den Rechtsausführungen in ungeordneter und unübersichtlicher Weise und mit vielfachen Wiederholungen eingestreut würden. Aus dem gleichen Grunde hielt er es für richtig, die prozessualen Fragen erst am Schlusse zu behandeln, weil auch hierbei Vorgriffe auf tatsächliche und rechtliche Ausführungen zur Sache selbst sich nicht würden vermeiden lassen. In dieser Weise haben sich dann tatsächlich die Verhandlungen abgespielt.
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Franz Bracht (1877-1933) |
So beginnt die Verhandlung nach den wichtigen einleitenden Erklärungen (Abschnitt I dieser Buchausgabe) sofort mit der Darstellung der tatsächlichen Vorgänge und ihrer allgemeinen Folgen (Abschnitt II und III). Dann folgen allgemeine Ausführungen über den bundestaatlichen Charakter des Reichs (Abschnitt IV), später die rechtlichen Ausführungen über Art. 48 Abs. I (Abschnitt V und VI) und Abs. 2 (Abschnitt VII und VIII), jeweils gesondert nach Voraussetzungen und Befugnissen. Ein besonderer Teil gilt dem Umfang des richterlichen Nachprüfungsrechts und den sogenannten relativen Grenzen (Abschnitt IX). Dann folgt eine Zusammenfassung (Abschnitt X). Den Beschluß mamen die Prozeß-Voraussetzungen (Abschnitt XI).
Auch eine Gliederung des gedruckten Verhandlungsberichts war nur nach diesen großen Gesichtspunkten der Verhandlungsleitung möglich. Jeder Versuch, eine weitere Unterteilung vorzunehmen, mußte daran scheitern, daß nicht nur die Redner abwechselnd zu verschiedenen Teilfragen sprachen, sondern daß auch der einzelne Redner oft gleichzeitig zu verschiedenen Fragen Stellung nahm, je nachdem wie die Verhandlungslage und Frage und Antwort es erforderten. Auch die Themen der großen Abschnitte werden nicht immer genau eingehalten. Bald wird auf eine andere Rechtsfrage, häufiger in den Rechtsausführungen auf tatsächliche Fragen zurüchgegriffen. Zwischendurch werden in Geschäftsordnungsdebatten verschiedene Gebiete behandelt. Fast an jedem Tage wird von der einen oder anderen Seite etwas zum Thema des vorigen Tages nachgetragen. Trotzdem leistet die große Gliederung des Verhandlungsleiters auch für den schriftlichen Verhandlungsbericht vorzügliche Dienste.
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Zum Schluß ein Wort über den Titel dieses Buches. Wir, die wir auf preußischer Seite in diesem Rechtsstreit gestanden haben, wollten in keinem Augenblick einen Kampf gegen das Reich führen, wie es die äußere prozessuale Gewandung des Rechtsstreits erscheinen lassen könnte. Wir haben mit der Gegenseite um die Gestaltung des Reichs gerungen. Wir haben für die Reichsverfassung und für das Reich kämpfen wollen. Auch darum habe ich den Verlag gebeten, den ursprünglich angekündigten Titel dieses Buches: “Preußen contra Reich” fallen zu lassen. Daß Preußen Prozeßpartei gegen das Reich war, ist das Vergängliche an diesem Prozeß. ,,Reich und Preußen vor dem Staatsgerichtshof”, das heißt: das Problem Reich-Preußen aufgerollt vor dem Staatsgerichtshof, das ist die über die Gegenwart weit hinausreichende Bedeutung des Prozesses und diesel Buches.
Berlin, im Dezember 1932
ARNOLD BRECHT
Riproduzione Anastatica
del testo originale.
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