Josef Köhler |
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Ueber Schuld und Schuldarten. Eine terminologische Untersuchung. Von Dr. jur. Carl Schmitt. 1910. Breslau, Schletter. 4 M.
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KÖHLER
Besprechung der Schrift von Carl Schmitt
«Gesetzt und Urteil»
in:
Deutsche Juristen-Zeitung, 1911, XVI. Jahrgang, Nr. 14, Sp. 940.
in:
Deutsche Juristen-Zeitung, 1911, XVI. Jahrgang, Nr. 14, Sp. 940.
Die selbstständige, die Literatur gründlich beherreschende Arbeit befaßt sich nur mit dem geltenden Recht. Die Schuld erscheint ihr als Willensschuld, und zwar im Gegensatz zu Thyrén als Einzelvorgang, nicht als Charakter-zustand. Dem ist zuzustimmen. Bedenklich ist dagegen die Annahme, man dürfe nicht von Vorsatz und Fahrlässingkeit als Schuldarten ausgehen, um die Schuld zu bestimmen, sondern müsse umgekehrt vorerst den Schuldbegriff festgestellt haben (S. 14). Denn im positiven Recht finden wir wiederholt die Ausdrücke: “schuldhaft”, “Verschulden”, “Schuld” als reine Zusammenfassung von Vorsatz und Fahrlässigkeit. Demnach ist die Schukld hier wirklich Oberbegriff, und es bleibt in der Ordnung, wenn man zur Analyse desselben Vorsatz und Fahrlässigkeit als dessen Unterarten in ihren gemeinsamen positivrechtlichen Merkmalen heranzieht. Zuzugeben ist nur, daß diese beiden Begriffe dann keine Arten der Schuld sind, wenn man ihnen jede Beziehung zu einer entgegenstehenden Norm nimmt (S. 102 f.). Beispiel: vorsätzliches Kopfschütteln.Inwiewiet eine solche Begriffsausdehnung mit dem geltenden Recht vereibar ist, bed¨fte spezieller Prüfung, namentlich für die Fahrlässingkeit. Dem Verf. ist auch sie bloßes Schuldsymptom. Er sieht einen bösen Willen des Fahrlässigen schon darin, daß sein Willensakt nicht der Vorstellung entspricht, die der zur Verantwortung Ziehende erwartete (S. 63). Die Möglichkeit eines Pflichtbewußtseins gehöre nicht zur Schuld (S. 89). Damit schwindet aber u. E. jeder Unterschied zwischen fahrlässigem und zufälligen Herbeiführen eines rechtlich unerwünschten Erfolges dahin.
Prof. Dr. Köhler, München